Souvernwerden_img1.gif 2.1 Souverän werden
"Wenn die oben nicht mehr so können, wie sie wollen und die unten nicht mehr so wollen, wie sie   sollen!", erkannte Lenin als Kennzeichen einer  gesellschaftlichen Krise.
Noch aber schimpfen zu viele auf „die da oben“, bleiben dabei gefangen vom Gefühl eigener  Ohnmacht. „Die da oben“ aalen sich nach der aktuellen kapitalistischen Flurbereinigung im  beständigen Reichtum, gefangen in der  Fantasie, jeder sei seines Glü ck Schmied.
Bei allen Missständen, Ungerechtigkeiten und Machtmissbräuchen ist unsere Gesellschaft  (anders als die DDR 1989) noch lange nicht in der Krise, entgegen  allen über die Medien  verbreiteten Behauptungen.
Eine Krise unserer Gesellschaft und damit die Chance für einen weiteren grundlegenden  Reifungsschritt wird, wenn überhaupt, nur indirekt aus der ökonomischen Neuordnung entstehen -   selbst wenn sie gegen Gemeinwohl und Bü rgerinteressen wirkt.
Doch nur einmal angenommen, die Bürger ließen ab von ihren selbstbeschränkenden  Fantasien  des Ober- oder Untertan.
Die vielen, die sich "unten" wähnen, streiften ihr "Untertan-sein" ab, besönnen  sich der ihnen  eigenen Personenwürde?
Ist eine solche Annahme vor dem Hintergrund der Menschengeschichte auch eine Torheit, bleibt  sie dennoch eine weise Torheit. Unterstellt solche Annahme doch die Möglichkeit der Menschen  zur humanitären Besinnung und Verhaltensumkehr im  zwischenmenschlichen Handeln.
Der Demokratie-Pilgerweg steht im Dienst solcher weisen Torheit.
Mit dem Motto "Vom westfälischen Frieden zur europä ischen Einheit" sollte der Pilgerweg 2009  den Blick weiten auf die geschichtlichen Entwicklungen des "christlichen Abendlandes". Er führte   die Spannweite von der Krone/Thron-Allianz über die Konzessionskriege, den Entwicklungen der  Nationalstaaten zum wachsenden europäischen Staatenbü ndnis vor Augen.
Konzentrierter und akzentuierter noch als beim ersten Demokratie-Pilgerweg 2007 thematisierte  er die hinter-gründigen Fragen nach den Wertbezügen und ethischen Verankerungen  gesellschaftlicher Mitgestaltung, eindeutig positioniert als ö ffentlicher Impuls eines politisch-  sozial engagierten Christen.
Statt allerdings zu "missionieren",  lud jeder Pilgerweg ein zur radikalen Sicht auf die "Sache des  Volkes", der res publica. Die Behauptung, das Volk sei Souverän der Demokratie, wird erst dann  real, wenn die Bürger souverän ihre  demokratische Beteiligung leben.
Radikal - tief wurzelnd - wird diese Sicht, wenn hinter der "Sache des Volkes"  die "Sache des  Menschen" als "Sache Gottes" erkannt wird.
Doch steht nicht Klage über die massenhaften und zweifelsfreien Missstände im Vordergrund,  sondern der Blick auf die erhofften Möglichkeiten. Die Mängelklage  wird abgelöst durch die Frage  nach dem "Was wäre, wenn...?"
Nur mal angenommen hieß es immer wieder auf den nicht nur dekorativen Mindmaps am  Pilgerkarren.
  • Nur mal angenommen, wir nähmen den Artikel 146 Grundgesetz ernst. 
    In welcher Verfassung würden wir leben wollen? 
  • Nur mal angenommen, wir nähmen uns als Bürger selbst ernst und würden uns ins  Spiel gesellschaftlicher Gestaltung einbringen? 
  • Nur mal angenommen, Christen nähmen ihr "Vater unser" ernst. 
    Welche Wirkungen hätte es auf  menschliches Handeln und sich daraus  ergebenden  sozialen Ordnungen? 
Von welchen Erfahrungen werden Menschen in den Begegnungen unterwegs erzählen,  die ihr  Handeln so ausrichten oder ausgerichtet haben?
Unterwegs auf dem Demokratie-Pilgerweg sind Mutmacher, die zur sozialen  Reflexion, zum Neu-  Bedenken und damit zum neu orientierten zwischenmenschlichen Handeln einladen.
Der Demokratie-Pilgerweg ist kein Event, will keine Attraktion zu  Wahlkampfzeiten sein.
Eher eine Aktion am Rande, bei geringem logistischen Aufwand, ist er doch ein  (hoffentlich  nachhaltiger) Impuls für eine stille Revolution.
Hölderlins "Revolution aus Geist und Liebe" (Hyperion) ist mehr als denkbar, sie ist  lebbar.